Fakten, Fakten, Fakten

    Oft wird fabuliert. Leute diskutieren über Energie, ohne die faktische Grundlage zu kennen. Doch das Bundesamt für Energie publiziert jedes Jahr die Gesamtenergiestatistik. Die vom Jahr 2022 ist interessant – und überraschend.

    Die Schweiz gibt jedes Jahr etwa 34 Milliarden Franken für Energie aus. Das sind etwa 4,35 Prozent der jährlichen Wertschöpfung gemessen als Bruttoinlandprodukt BIP. Der grösste Posten dieser Ausgaben geht auf Erdölprodukte zurück. Dafür gibt die Schweiz 19,20 Milliarden Franken aus.

    An zweiter Stelle kommt die Elektrizität mit 10,49 Milliarden gefolgt vom Gas mit 3,43 Milliarden. Der kleinste Teil entfällt auf feste Brennstoffe, die eine knappe Milliarde Franken im Jahr 2022 ausmachen.

    Höhere Preise – aber nicht für alle
    Interessant ist aber die Preisentwicklung der Energieträger über die Zeit. Dabei fällt die Teuerung der Energie ganz unterschiedlich aus. Bild 1 zeigt die Preisentwicklung seit 1970 für Endkonsumenten. Man kann feststellen, dass trotz den Preiserhöhungen im letzten Jahr die Elektrizität (hellblaue Linie) ziemlich konstant ist. Sie ist heute nicht viel teurer als sie in den 70ern war.

    (Bild: BFE, Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2022) Bild 1: Die Preisentwicklung der Energieträger für Endkonsumenten seit 1970.

    Das Heizöl ist jedoch viel teurer geworden. Man sieht auch wie die hellgrüne Linie in den letzten 20 Jahren schwankt. Heizöl hat also einen wenig voraussagbaren Preis. Das nennt man Volatilität. Auch die Treibstoffe, die dunkelgrüne Linie, schwankt stark. Treibstoffe sind ebenfalls teurer geworden. Im Übrigen: Die rote Linie ist die Inflation. Man sieht, wie sie seit 1970 kontinuierlich ansteigt. In dieser Zeit haben sich die allgemeinen Preise in der Schweiz mehr als verdoppelt.

    Die Mutter aller Grafiken
    Für die Gesamtenergiestatistik ist Bild 2 zentral. Es handelt sich um den detaillierten Energieflussdiagramm. Die Zahlen sind in Tera­joule angegeben. Joule ist die Masseinheit für Energie. Ein Joule setzt man ein, um eine Tafel Schokolade einen Meter hochzuheben oder eine kleine LED-Leuchte (ein Watt) eine Sekunde lang leuchten zu lassen. Ein Terajoule ist eine Billion Joule.

    (Bild: BFE, Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2022) Bild 2: Energieflussdiagramm der Schweiz im Jahr 2022.

    Das Diagramm sollte man von links nach rechts lesen. Links ist der Einsatz der Energieträger. In der Mitte sieht man die Produktion von Energie, die dann in den Endverbrauch fliesst. Die Ströme zeigen wie viele Joule eingesetzt, umgewandelt und verbraucht werden. Es gilt hier die Sicht der Schweiz – alles zusammengezählt, was innerhalb der Landesgrenze passiert, korrigiert um Importe und Exporte.

    Lesebeispiel
    Zum Beispiel: Wenn man links unten mit dem gelben Fluss anfängt, steht an seinem Anfang ein weisses Dreieck. Dieser bedeutet Import. Also werden 252’140 Terajoule in Form von Kernbrennstoffen importiert und eingesetzt. Diese Energie wird von Atomkraftwerken – das Kästchen mit einem Blitz – in elektrischen Strom umgewandelt. Selbstverständlich wird Strom auch aus Wasserkraft gewonnen. Deswegen kommen bei diesem Kästchen zwei Flüsse zusammen

    Diese Elektrizität – der hellblaue Fluss – wird teilweise exportiert, was man am schwarzen Dreieck sieht. Stromexporte machen 107’040 Terajoule aus. Dabei werden weitere 119’220 Terajoule Strom importiert (weisses Dreieck). Diese Elektrizität fliesst in die Haushalte, Industrie, den Dienstleistungen und den Verkehr, wo sie verbraucht wird.

    Verkehr braucht Energie
    Rechts in der Grafik ist die Endverwendung von Energie zu sehen. Die Schweiz unterscheidet dabei fünf Sektoren, Haushalte, Industrie, Dienstleistungen, Verkehr und Landwirtschaft. Besonders interessant ist, dass der Mix jeden Sektors ganz unterschiedlich ausfällt.

    Mit 211’310 Terajoule verbrauchen die Haushalte etwa 27 Prozent aller Energie im Inland. Für die Privaten sind Erdölprodukte und Strom die wichtigsten Energieträger oder -formen. Dabei ist die Versorgung der Haushalte mit Wasserkraft und Nuklearenergie besonders zu unterstreichen. Ohne Grosskraftwerke kein Strom zu Hause.

    Bei der Energie mit einem Verbrauch von etwa 19 Prozent der Energie fällt der Mix anders aus. Sowohl der Anteil der Erdölprodukte als auch jener der nicht-Wasser erneuerbaren Energien ist sehr klein. Hier heisst es noch ausgeprägter: Ohne Grosskraftwerke keine Produktion.

    Der Verbrauch der Dienstleistungen kommt auf etwa 16 Prozent aller inländischen Energie. Auch hier ist der Mix bunt zusammengestellt, aber kein Energieträger hat die gleiche Ausprägung wie bei den Privathaushalten und Industrien.

    Der Verkehr konsumiert den grössten Teil der Energie. Das sind 276’810 Terajoule oder 36,2 Prozent. Der überaus grösste Anteil geht auf das Öl zurück. Strom spielt praktisch keine Rolle. Die Landwirtschaft ist zuletzt fast ausgegrenzt, weil sie nur 1,2 Prozent des Energieverbrauchs verursacht.

    Überraschendes und Instruktives
    Was auf dem ersten Blick nach einem Salat aussieht, birgt manche Überraschung. Etwa: Mit 58’540 Terajoule ist der energetische Beitrag des Abfalls grösser als der von Solar- und Windkraft zusammengezählt. Denn dieser beträgt 44’650 Terajoule, der unterste Fluss. Umso wichtiger eine gute Abfallbewirtschaftung.

    Mit 3870 Terajoule spielt Kohle praktisch keine Bedeutung im Gesamtmix. Aber auch die Fernwärme – die sehr dünnen hellgrünen Ströme – mit 21’360 Terajoule fällt gesamtschweizerisch kaum ins Gewicht.

    Energie ist ein Thema, das bewegt. Bevor die Emotionen hoch gehen, sollte man sich aber mit den Fakten auseinandersetzen. Die Gesamtenergiestatistik ist eine solide Grundlage dafür.

    Henrique Schneider

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