Liebe Leserin, lieber Leser
Umweltthemen bewegen – natürlich hier in Ihrer «Umwelt Zeitung», aber auch in Politik und Gesellschaft. Nach den kontrovers diskutierten Abstimmungen über ein neues Stromgesetz und die Biodiversität stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe bereits eine neue umweltpolitische Initiative vor. Martin Maletinsky, Präsident des Vereins Freie Landschaft Zürich, schreibt über die eidgenössische Volksinitiative «Gegen die Zerstörung unserer Wälder durch Windturbinen», kurz «Waldschutz-Initiative». Er hält fest: «Wälder sind wichtiger Erholungsraum für den Menschen und in unserem Land gleichzeitig auch die letzten grösseren zusammenhängenden Lebensräume für zahlreiche Wildtiere. Unsere Wälder sind deshalb wichtig für die bereits stark bedrohte Biodiversität. Schon heute stehen Wälder durch die Klimaerwärmung, durch Holzschlag und durch zunehmende Freizeitaktivitäten unter Druck. Trotzdem sollen nun landesweit Windturbinen in Waldgebieten errichtet werden.»
Ein Beispiel: Die überwiegende Mehrzahl der von der Baudirektion im Kanton Zürich vorgeschlagenen Windkraftgebiete liegt zumindest teilweise im Wald. Auch in den Kantonen Schaffhausen, Aargau und Luzern sind Windkraftprojekte in Wäldern bereits geplant, so auf dem Lindenberg und auf dem Stierenberg in unserer unmittelbaren Umgebung.
Mit dem neuen Stromgesetz habe sich diese Bedrohung noch verschärft, da das Gesetz die Errichtung von Windturbinen im Wald erleichtere, so unser Gastautor weiter. Seine Meinung dazu: Es mache keinen Sinn, für eine vorgeblich umweltfreundliche Stromproduktion die Natur zu zerstören, und es vertrage sich schlecht mit dem Anspruch, Windturbinen würden das Klima schützen, wenn dafür Wald zerstört werde, der eine natürliche CO2-Senke sei. Die Unterschriftensammlung dauert noch bis am 20. Juli des nächsten Jahres. Das Thema bleibt spannend, wir bleiben dran!
Nicht minder engagiert wird in der Schweiz die Debatte um die Kernkraft geführt. Dabei ist Bundesrat Albert Rösti ein Coup gelungen: Der Bundesrat will das Technologieverbot in der Energieproduktion aufheben. Damit können in der Schweiz wieder neue Kernkraftwerke gebaut werden. Ob, wann und wie das geschehen wird, bleibt allerdings offen. Grosse Stromversorger wie Axpo, Alpiq oder die Bernischen Kraftwerke sind zwar grundsätzlich nicht gegen die Aufhebung des Neubauverbots, aber wenn es konkret wird, zeigen sie die kalte Schulter. Die Aufhebung des Verbots reicht also nicht, wie auch das Nuklearforum Schweiz betont, ein Verein zur Förderung der sachgerechten Information über die zivile Nutzung der Kernenergie. Ebenso notwendig seien nun «eine Vereinfachung der Bewilligungsverfahren sowie Rechtssicherheit während der Projektierungs- und Bauphase, um Neubauprojekte in der Schweiz wieder zu ermöglichen».
Wie sehr Umweltfragen unsere öffentlichen Debatten prägen, zeigt auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Sachen Klimapolitik, angestossen durch die sogenannten Klimaseniorinnen, die wiederum von Greenpeace gecastet worden sind. Mein Kollege Henrique Schneider analysiert das umstrittene Urteil und stellt darin auch sachliche Fehler fest. Ausserdem befasst er sich mit den Folgen des Urteils.
Und schliesslich bewegen auch angeblich oder tatsächlich laute Motoren die Gemüter. Verschiedene Gemeinwesen wollen mit neuartigen Lärmmessanlagen («Lärmblitzer») gegen Motorengeräusche vorgehen. Derzeit testet der Bund in Röschenz (BL) eine solche Anlage. Auch Genf und Lausanne führten bereits Tests mit Lärmblitzern durch, die Stadt Zürich hat eigene Versuche angekündigt. Das Thema ist heftig umstritten. Da ist einerseits die Lärmfrage – was für die einen Lärm ist, ist für die anderen eine Sinfonie. Andererseits dreht sich die Auseinandesetzung aber auch um juristische und technische Fragen. Noch fehlen die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung von Lärmmessgeräten. Was ebenfalls zur Versachlichung der Debatte beitragen könnte: Die Motoren sind gar nicht das eigentliche Problem, die Abrollgeräusche der Reifen sind lauter. Mit besseren Belägen und Pneus liesse sich die Lärmbelastung spürbar reduzieren.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Ihr
Dr. Philipp Gut,
Verleger